Demokratische Prozesse stärken!

Mit Erstaunen haben wir den Antrag der CDU Frak­tion zur Ken­nt­nis genom­men, der sehr ein­seit­ig die Rechte von Frak­tio­nen und Stadträten beschnei­den soll, ohne der Ver­wal­tung mehr Effizienz zuzu­bil­li­gen.

Klar ist: Die Stad­trat­sar­beit in ein­er in den let­zten Jahren stark wach­senden Stadt mit nun über 600.000 Ein­wohn­ern (Ende 2011: ca. 510 T Einw.) und den entsprechen­den Haushaltsvol­u­men ist nicht mehr die Gle­iche wie vor fünf oder gar zehn Jahren. So stieg dieses von ca. 1,3 Mrd. Euro im Jahr 2013 auf fast 2 Mrd. Euro im Jahr 2020. Dies bedeutet eine Zunahme um knapp 54 %, was sich auch im Umfang von Ver­wal­tungsvor­la­gen und Diskus­sio­nen in den Auss­chüssen und im Stad­trat wider­spiegelt.

Das kann man schon an der erhe­blichen Zunahme und Vielzahl von Investi­tionsvorhaben, u. a. Schulen und Kitas, able­sen. Klar ist, unter den genan­nten Voraus­set­zun­gen und der Zus­pitzung der Arbeit unter Coro­na-Bedin­gun­gen wird die Vere­in­barkeit von Beruf und umfan­gre­ich­er Stad­trat­stätigkeit für eine Vielzahl der 70 gewählten Stadträtin­nen und Stadträte immer schwieriger.

Das trifft unter anderem auf die zeitaufwendi­ge Vor­bere­itung der Auss­chus­sar­beit – d. h. das Lesen und Recher­chieren beispiel­sweise der Ver­wal­tungsvor­la­gen, die Auss­chus­sar­beit selb­st, inkl. der Zusam­me­nar­beit in und mit der Stadt­ge­sellschaft sowie die inhaltlichen Abstim­mungen in den Frak­tio­nen u. v. a. m. zu.
Das Gle­iche gilt für die Arbeit ein­er Vielzahl von Stadträt*innen in den Auf­sichts­gremien der Beteili­gun­gen. In Summe wird da wahrschein­lich im Durch­schnitt weit über 90 % auch der zeitlichen Arbeit geleis­tet.

Da scheint uns die Zeit­erspar­nis in Stad­tratssitzun­gen durch die Abstim­mung von „unkri­tis­chen Vor­la­gen“ im „Umlaufver­fahren“ – so die CDU Frak­tion — bzw. die Nichtzu­las­sung von „Aussprachen zu Tage­sor­d­nungspunk­ten“, denen ein­stim­mige „Voten aus den Auss­chüssen vor­liegen“, kaum hil­fre­ich.

Das Sig­nal, das ger­ade in der heuti­gen Zeit gesendet wer­den sollte, ist eine Stärkung von demokratis­chen Prozessen, Mit­sprache, Entschei­dun­gen und  demokratis­che Kon­trolle. Im § 28 (3) der Säch­sis­chen Gemein­de­ord­nung heißt es unter den Auf­gaben des Gemein­der­ats: Er „überwacht die Ausübung sein­er Beschlüsse und sorgt beim Auftreten von Missstän­den in der Gemein­de­v­er­wal­tung für deren Besei­t­i­gung durch den Bürg­er­meis­ter“. Dies ist mit 70 (!) Stadträt*innen – vor­sichtig for­muliert – nicht ganz ein­fach.

So liegt ein Vorschlag der „Arbeits­gruppe Haupt­satzung“ für eine neue, angepasste Haupt­satzung (regelt die Zuständigkeit­en u. a. von Stad­trat, Ver­wal­tungsauss­chuss und OBM) – beset­zt mit einem Vertreter jed­er Frak­tion – seit Som­mer let­zten Jahres vor. Ein „Papi­er“, welch­es eher dazu dient, auch Stad­trat­stätigkeit „bess­er“ zu gestal­ten. Dieses sollte im Sep­tem­ber 2019 durch den Stad­trat ver­ab­schiedet wer­den. Passiert ist trotz poli­tis­chen Drucks auch unser­er Frak­tion auf die Ver­wal­tungsspitze lei­der nichts; eben­so wenig bei der avisierten Über­ar­beitung der Geschäft­sor­d­nung.
So ist vor allem die Ver­wal­tung gefragt, wie kün­ftig Prozesse auch effek­tiv­er gestal­tet wer­den sollen. Und selb­stver­ständlich wer­den wir uns in der im Juli vere­in­barten über­frak­tionellen Arbeit auch hin­sichtlich der „Effizenz“ kon­struk­tiv beteili­gen. Allerd­ings immer unter der grund­sät­zlichen Prämisse: Demokratis­che Rechte auch von Stadträt*innen sowie Frak­tio­nen sind ein hohes Gut und deren Beschnei­dung uner­wün­scht.