Steffen Wehmann

Rede: Kein Verkauf der kommunalen Unternehmen der Daseinsfürsorge

Die Links­frak­tion im Leipziger Stad­trat beantragt, einen Beschluss zu fassen, dass — ergänzend zum Ver­wal­tungs­stand­punkt — keine Unternehmen und Betriebe der Daseinsvor­sorge verkauft wer­den dür­fen. Für den Antrag erre­icht­en wir keine Mehrheit, jedoch gab der Ober­bürg­er­meis­ter zu Pro­tokoll, dass er in sein­er verbleiben­den Amt­szeit — also den kom­menden drei Jahren — keine Vor­lage ins Ver­fahren brin­gen wird, die den (Teil-) Verkauf von solchen Unternehmen und Betrieben bein­hal­ten würde. Ein klein­er Erfolg. Hier doku­men­tiert find­en Sie meine Rede zur Antrags­be­grün­dung: 

Sehr geehrter Herr OBM, meine Damen und Her­ren,

Ein kurz­er Abriss: Am 27.01.2008 votierten die Leipzigerin­nen und Leipziger mit 87,8 % mit­tels Bürg­er­entscheid gegen den geplanten Verkauf von 49,9 % der Stadtwerke Anteile an Gaz de France. Drei Jahre (09.02.2011) später stimmte eine Mehrheit des Stad­trates dem Vorschlag der Ver­wal­tung für das „erneuerte… Beken­nt­nis zu den Unternehmen und Betrieben der Daseins­für­sorge“ zu. Allerd­ings (!): Am gle­ichen Tag und in der gle­ichen Druck­sache votierte auch eine recht knappe Mehrheit des Stad­trates (37/26/0) für den anteili­gen Verkauf von 49,9 % von per­da­ta und HL komm.

Ein Grund dafür: Der Genehmi­gungs­bescheid und die Bedin­gun­gen der Lan­des­di­rek­tion zur Kap­i­ta­lausstat­tungsvere­in­barung über 290 Mil­lio­nen Euro zur Sicherung der Finanz- und Investi­tions­fähigkeit des LVV- Konz­erns im Zuge der KWL-Skan­dals um Her­rn Heininger. Ein Jahr später (25.01.2012) dann im Übri­gen der Kom­plettverkauf von per­da­ta und HL komm (für knapp 68 Mil­lio­nen Euro). Die Frak­tion Die Linke lehnte auch damals alle Verkäufe ab.

In den let­zten Jahren sum­mierten sich die Prob­leme um die Beteili­gung­sun­ternehmen: 400 Mil­lio­nen Euro für die Stadtwerke als Mar­gin­lin­ie, um den Energiehan­del zu gewährleis­ten (glück­licher­weise nun erledigt). Ver­mehrte Zuschüsse für die Leipziger Verkehrs­be­triebe vor allem auf Grund der nicht aus­re­ichen­den Finanzierung von Bund und Land – let­zt­ma­lig im Dezem­ber 2023 über 30 Mil­lio­nen Euro und die Bere­it­stel­lung von fast 250 Mil­lio­nen Euro – davon 200 Mil­lio­nen Euro als „befris­tet rück­zahlbare Gesellschafterkred­itlin­ie“ plus knapp 70 Mil­lio­nen Euro Bürgschaften in den let­zten 14 Monat­en zur Ret­tung und Abwen­dung der Insol­venz an das Klinikum St. Georg. Über die Ursachen haben wir uns vor einem Monat rege aus­ge­tauscht.

Und es wer­den uns noch weit­ere The­men begleit­en: die in Summe mil­liar­den­schw­eren mit­tel ‑und langfristi­gen Investi­tio­nen im Rah­men des kom­mu­nalen Wärme­planes, aber auch der Mobil­itätsstrate­gie der Stadt.

Meine Damen und Her­ren,

diese Punk­te haben uns ver­an­lasst, den Antrag zum „Teil- und Nichtverkauf“ – und nicht nur Beken­nt­nis – von dem im Antrag benan­nten Unternehmen sowie deren Töchter hier vorzule­gen. Und wie es der Zufall will: Neben den drei weit­eren dutzend Anträ­gen von Frak­tio­nen und Stadträten wollen wir diesen heute hier abstim­men. Die Kri­tik aus den Auss­chüssen, dass Beschlüsse nach einem hal­ben Jahr wieder aufge­hoben wer­den kön­nen, haben wir zur Ken­nt­nis genom­men. Das gilt aber nicht nur für diesen, son­dern auch für alle anderen Vor­la­gen und Anträge. Wir geben allerd­ings zu bedenken, dass die Aufhe­bung von Beschlüssen im Rat nicht die Regel, son­dern die absolute Aus­nahme darstellt. Daher ist die Hürde mit einem Beschluss schlussendlich erhe­blich höher für einen langfristi­gen Nichtverkauf.

Wir wis­sen natür­lich auch, dass Antrag und Mehrheit­en dafür zwei ver­schiedene The­men sein kön­nen. Daher bit­ten wir die Ver­wal­tung ihren Ver­wal­tungs­stand­punkt so zu präzisieren, dass mit dem erneuten Beken­nt­nis „der Nichtverkauf“ der im Text genan­nten Unternehmen ver­brieft wird.